Arbeitnehmerüberlassung.
Stellungnahme des Bundesverbands Pflegemanagement.
Im Rahmen eines Web-Meetings haben sich die Landesgruppen-Vorsitzenden und der Bundesvorstand des Bundesverbands Pflegemanagement zur Arbeitnehmerüberlassung ausgetauscht. Im Mittelpunkt der Diskussion standen neben der fehlenden politischen und gesetzlichen Regulierung die Situation der Pflegenden sowie die Rahmenbedingungen von Zeitarbeitsfirmen.
Folgende Positionierungen und Forderungen sind dabei entstanden.
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Konsequenzen und Gefahren der Arbeitnehmerüberlassung
Die ohnehin seit Jahren angespannte Personalsituation hat sich infolge der explodierenden Anzahl Beschäftigter im Rahmen Arbeitnehmerüberlassungen enorm verschärft. Arbeitnehmerüberlassungen sind nicht geeignet, den Mangel an professionell Pflegenden zu kompensieren; er wird lediglich teurer. Die Diskussion um Preise, fehlende Fortbildungen und eine Zweiklassengesellschaft unter den Pflegenden eskaliert zusehends. Nachfolgende Punkte detaillierten die Problematik.
Unternehmen mit dem Angebot der Arbeitnehmerüberlassung schießen wie Pilze aus dem Boden ohne rechtlich, politisch oder fachlich geprüft zu werden.
Enormer Verlust von festangestellten Pflegenden durch aggressive Kaltakquise mit unverhältnismäßigen Angeboten in Bezug auf Vergütung, Freizeit sowie Wahlleistungen wie zum Beispiel Firmenwagen.
Besonders hohe organisatorische Belastungen durch intransparente, in der Ausgestaltung strikte Stornierungsfristen.
Bedrohlicher Rückgang der Versorgungsqualität durch nicht Überprüfbarkeit bzw. Vorhandensein von Fortbildungen, Aus- und Weiterbildungsnachweisen sowie Erfahrungen und Notfallmanagement.
Aufgrund des Personalmangels ist eine strukturierte Einarbeitung der Mitarbeitenden aus der Arbeitnehmerüberlassung nicht möglich; dadurch entsteht ein zusätzlicher Qualitätsverlust. Häufig wechselnde Mitarbeitende aus der Arbeitnehmerüberlassung lassen eine Kontinuität einer qualitativ ausreichenden Versorgung oft nicht zu.
Kurzfristige Erkrankungen der eigenen Mitarbeitenden können kaum kompensiert werden. Mitarbeitende aus der Arbeitnehmerüberlassung müssen schon sehr frühzeitig gebucht werden. Kurzfristige Erkrankungen der Mitarbeitenden aus der Arbeitnehmerüberlassung können nicht ersetzt werden.
Zusätzliche emotionale Belastung durch die Diskussionen zwischen den Pflegenden in Bezug auf Ungerechtigkeit, Übernahme von Tätigkeiten wie auch Teamstruktur- und Entwicklung.
Die fehlende Verantwortungsübernahme im Team stellt eine zusätzliche Belastung für das
Stammpersonal dar. Zudem stehen Leasingkräfte nur für bestimmte Dienste zur Verfügung.
Für Einrichtungen der Langzeitpflege stellt der Einsatz von Leasingkräften wirtschaftlich oft
das kleinere Übel dar, da trotz hoher Kosten, die Kosten bei Nichtbelegung von Plätzen und der damit einhergehende Ausfall der Investitionskostenanteile unwirtschaftlicher sind.
weiteren Verlusten von Mitarbeitenden in Gesundheitseinrichtungen aller Versorgungsstrukturen,
Fehlanreizen wie der Priorisierung von Vergütung und Firmenwagen statt Teamerleben und fachlicher Entwicklungsmöglichkeiten,
Handlungsunfähigkeit des Pflegemanagement, da dieses diesem Wettbewerb nicht standgehalten kann und möchte.
Mangelnde Reaktionen und Einflussnahme der Politik
Die Nichtbeachtung dieser dramatischen Entwicklung und die dadurch fehlende gesetzliche Regelung führt zu einer Zuspitzung der lang bekannten Probleme. Fehlende Gesetzeserweiterungen mit dem Ziel einer Regulierung und Steuerung dieser Entwicklung erschweren die Bereitschaft und Möglichkeiten des Pflegemanagement attraktive Rahmenbedingungen für professionell Pflegende auszubauen.
Forderungen an die Politik
Das Thema „Arbeitnehmerüberlassung“ mit all seinen Konsequenzen für die professionelle Pflege muss auf Bundes- und Landesebene auf die politische Agenda.
Schaffung von klaren Rahmenbedingungen und Grenzen für Zeitarbeitsfirmen.
Gesetzliche Regelungen zu Aus-, Fort- und Weiterbildungskriterien in Bezug auf
Arbeitnehmerüberlassung.
Fokussierung auf eine Reform des Gesundheitswesens und damit auf eine nachhaltige Ent-
lastung der Pflege sowie auf das Ermöglichen attraktiver Rahmenbedingungen.
Künftig entweder mit dem Pflegemanagement oder gar nicht! Wichtige, politische
Grundsatzentscheidungen für die Profession Pflege müssen unter Beteiligung des Pflegemanagements erfolgen
Berlin, 02.11.2022
Kontakt
Bundesverband Pflegemanagement e.V. Sabrina Roßius
Geschäftsführerin
Tel. 030 44 03 76 93
sabrina.rossius@bv-pflegemanagement.de
www.bv-pflegemanagement.de
Der Bundesverband Pflegemanagement e.V. ist eine aktive Interessenvertretung der Profession Pflege und insbesondere des Pflegemanagements in Politik und Öffentlichkeit. Der Verband ist bereits seit 1974 aktiv. Die heutige Struktur mit Bundesvorstand und Landesgruppen für einen maximalen Einfluss in Politik und Öffentlichkeit besteht seit 2005. Der Bundesverband Pflegemanagement ist Gründungsmitglied und aktives Mitglied des Deutschen Pflegerats. Durch seine Managementkompetenz, sein starkes Netzwerk und eine klare Organisationsstruktur wird der Verband heute als einer der Hauptansprech-partner unter den Pflegemanagement-Verbänden gehört und ist auf Bundes- wie Landes-ebene in die Gestaltung von Gesetzesvorlagen involviert und in Gremien engagiert. Vorstandsvorsitzender ist Peter Bechtel.